Donnerstag, 7. Oktober 2010

Unternehmen Zukunft.

Erinnern Sie sich? So lautete die Kompetenzzeile – der Slogan - der Deutschen Bahn AG, vormals Deutsche Bundesbahn.

Es ist nicht leicht, angesichts der laufenden „Stuttgart 21“-Problematik keinen wie auch immer gefärbten politischen Anstrich zu bekommen, wenn man das Thema anfasst. Trotzdem ist genau dieses Ereignis der perfekte Anlass, dem Marketing des nunmehr Wirtschaftsunternehmens einen Blick zu gönnen.

Stellen Sie sich vor, ein Telefonanbieter mit faktischem Monopol würde ähnlich agieren (da war doch mal was... egal.): Zum Teil finanziert mit unseren (ja, auch Ihren!) Steuerabgaben würde ein Satellit in den Orbit geschickt werden. Schließlich wäre es ja so geplant, beschlossen und sei das gute Recht des Telefonanbieters. Dieses – zugegebenermaßen nicht ganz billige – Projekt sorge nach Fertigstellung in einigen Jahren dafür, dass Videokonferenzen mit Teilnehmern in Neuseeland etwas weniger rauschten und die Bilder flüssiger übertragen würden. Ist das nichts?! Gut, vielleicht haben Sie gar kein Videotelefon, weil Sie hauptsächlich Ortsgespräche führen. Bei denen stört es ja auch nicht so sehr, dass die Leitungen zu den Haupttelefonzeiten überlastet sind, rauschen und Gespräche mal abbrechen. Schließlich telefonieren Sie jeden Tag und auch nie lange, da könne man sich damit arrangieren. Und außerdem verdiene der Telefonanbieter an den Ortsgesprächen ja auch praktisch nichts; wovon solle er denn da investieren.

Zurück zu unserer Bahn.

Ich bin weder Verkehrsplaner noch Politiker. Ich verstehe etwas von Marketing und Kommunikation. Meiner bescheidenen Meinung nach ist es maximal die zweitbeste Idee, enorm viel Geld in ein einziges Prestigeprojekt zu investieren, das wohl 10 Prozent der Kunden zugute kommt, solange der Großteil der Kunden mit ausgefallenen Klimaanlagen (im Sommer) und Toiletten (im Winter) das Leben in vollen Zügen genießt - gern ja auch mal mit nennenswerten Verspätungen.

Der mit Abstand größte Teil der Kunden fühlt sich ungerecht behandelt und sucht, soweit möglich, nach Alternativen. Wie die Investitionsentscheidung der Deutschen Bahn wohl ausfallen würde, gäbe es einen direkten Konkurrenten...

An dieser Stelle darf ich den 
Gastkommentar von Franz Alt in der Fuldaer Zeitung (Link nicht mehr aktuell)
und mich empfehlen.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Die haben gelernt.

Früher hat man japanischen Autobauern nachgesagt, sie würden einfach nur kopieren. Der Vorwurf kam sicherlich nicht von ungefähr. Heute haben die Asiaten aber tatsächlich die Stirn, dem Rest der Welt Ideen zu klauen, bevor der Rest der Welt diese überhaupt hatte! Das muss man sich mal vorstellen!

Manche Erfindungen und Produkte waren ihrer Zeit einfach zu weit voraus. So waren z. B. in der 80er-Jahren der Talbot/Matra/Simca Rancho oder der AMC Eagle die ersten "SUV", ohne es zu wissen. Heute sind sie übrigens extrem selten und noch völlig verkannte Klassiker.

Genau zur richtigen Zeit und mit zielsicherem Marketing hat Toyota es in den letzten Jahren geschafft, den Prius fast schon zur Gattungsmarke der Hybrid-Fahrzeuge werden zu lassen - ob man das Auto und die Marke nun mag, oder nicht. Abgesehen vom technischen Vorsprung war es genau die richtige Idee, ein völlig eigenständiges Fahrzeug für dieses neue Thema auf den Markt zu bringen. Andere Hersteller bauten die neue Hybrid-Technologie in vorhandene Fahrzeuge ein, so dass diese immer "nur" eine Modellvariante, eine Randnotiz waren. Der Prius war und ist, ähnlich wie in anderen Bereichen Mini oder Smart, ein Statement, das sagt: "Schaut her, ich tue etwas für unsere Umwelt."

Aus Marketingsicht, und darum geht es mir hier ja in erster Linie, war dieser Schritt deswegen so brillant, weil er die Marke mit einem eigenständigen (Produkt-)Design zum Themenführer gemacht hat, ohne den Ruf der übrigen Produkte (Modelle) maßgeblich zu gefährden. Wäre das Thema Hybrid gefloppt, wäre das Auto einfach sang- und klanglos wieder vom Markt verschwunden. Durch die Eigenständigkeit und den Erfolg wurde der Weg für die Themenführerschaft und den Einzug der Technologie in die übrigen Modelle des Konzerns geebnet.

Chapeau! Und - Hand aufs Herz - wer hat während seines Studiums nicht dann und wann kopiert...?

Das Gegenteil von "schlecht" muss nicht "gut" sein.

Was fasziniert (mich) eigentlich so an dem Phänomen „Marke“? Es ist vermutlich, mit dem professionellen Abstand betrachtet, die Tatsache, dass eine aus Bildern und Geschichten erfundene Welt die Verbundenheit zu einem Produkt schafft. „Das Marketing“ (also alle Menschen, die mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe betraut sind) erzählt ein Märchen, das wahr wird, wenn ich mir mein Produkt kaufe. So in etwa.

Und dann gibt es die, die so ein teilweise über Jahrzehnte sorgsam aufgebautes Märchenschloss zum Wohle des Shareholder Value abreißen (lassen). Meine Eltern sprachen noch von „Mercedes-Qualität“ und „das ist der Mercedes unter...“, wenn sie von besonders hoher Produktgüte schwärmten. Eine bis zwei Generationen später haben diese beiden Formulierungen tragischerweise eine ganz andere, leicht zynische Konnotation bekommen. Auf diese spezielle Marke möchte ich an dieser Stelle aber gar nicht weiter eingehen. Besitzer einer E-Klasse der Baureihe W210 oder W211 (und auch manch anderer Modelle) wissen, was ich sagen will. Und die Kollegen der anderen Kühlerembleme machen es übrigens im Großen und Ganzen nicht viel besser. Es muss gespart werden - koste es, was es wolle!

Liebe Industriekapitäne! Das Schiff, das man Euch anvertraut hat, kann man nicht mit „STRG-ALT-ENTF“ einfach so neu starten. Oder per Arbeitsanweisung. Es dauert um ein Vielfaches länger, einen hervorragenden Ruf aufzubauen, als ihn zu ruinieren. Besetzt den Ausguck für den notwendigen Weitblick. Plant die Route weit in die Zukunft, nicht nur bis zur nächsten Tonne. Holt Euch einen Lotsen an Bord, wenn Ihr nicht jede Untiefe der Route kennt. Und beantwortet Euch selbst ganz ehrlich die Frage, was Ihr als Kunden über Eure Produkte denken würdet.

Die Kurante

Neulich – ja, ich glaube, es war neulich (mein Dank gilt an dieser Stelle Hans-Hermann Thielke, dem Postbeamten im mittleren nicht-technischen Dienst, für diese wunderbare und immergrüne Eröffnung) hatte ich das erste Mal Kontakt zu einem Wortwitz.

„Dikurante bissifil in eine Fertifunk“, pflegte mein Opa damals öfter mit einem schelmischen Grinsen zu mir zu sagen. Ich war wohl so etwa im Kindergartenalter und versuchte, das Gehörte mit aller Plietschheit (merkt man eigentlich, dass ich Hamburger bin?) auseinanderzunehmen.

„Die Kurante“. Wer? - „bissifil“. Bisschen viel wovon? - „in“ und „eine“ waren leicht. „Fertifunk“. Ein neues Radioprogramm?

Es war der Satzbau, wie mir später klar wurde. Kein Mensch würde sagen: „Die Kuh rannte, bis sie fiel, in eine Vertiefung.“

So schön es ist, mit Sprache umgehen und spielen zu können - als Mensch vom Fach sollte man sich stets fragen, wo die Grenze zwischen eleganter Formulierung, Codierung und einfacher Verständlichkeit ist.

In diesem Sinne: „Meen ebte hoi? Ebte meen ni hoi. Ebte beten.“